Für Ajoie und Kloten endet die Saison abrupt ohne geführchteten Playout-Final und Ligaquali. MySports-Experte Ueli Schwarz blickt in seinem neuesten Blog «Schwarz oder doch Wiis?» zurück auf die Saison der beiden schwächsten National-League-Klubs in dieser Saison und analysiert ihr Potenzial für die nächste Spielzeit.
Seit langer Zeit war für Ajoie und Kloten klar, dass am 16. März der Ernst des Lebens – sprich der Playout-Final – starten würde. Eine unglaublich lange, zehrende Zeit. Die ambitionierten Visp und Olten scheiterten aber in den Swiss-League-Playoffs und deshalb führt das lange Bangen der beiden National-League-Clubs nun urplötzlich direkt in die Sommerpause. Zeit für einen Saisonrück- und einen ersten Ausblick.
Die Landung nach der phantastischen ersten NL-Saison war brutal hart. Es bewahrheitete sich, dass das Jahr zwei und im Normalfall auch das Jahr drei nach einem Aufstieg brutal hart wird. Doch der Reihe nach. Ähnlich wie Biel war Kloten gezwungen, seinen erfolgreichen und beliebten Trainer (Jeff Tomlinson) zu ersetzen. Gerry Flemming – übernahm die fast nicht lösbare Aufgabe. Wie unheimlich gut hätte Kloten sein müssen, damit Flemming als Heilsbringer Zuversicht und Optimismus hätte verbreiten können?
Entsprechend früh gab's Trainerdiskussionen. Kam dazu, dass niemand Kloten nach dem letztjährigen «Flugjahr» auch nur ansatzweise unterschätzte. Mit vier Niederlagen in den ersten fünf Spielen hat sich das früh abgezeichnet und dann ganz offensichtlich mit elf (!) weiteren Niederlagen alleine bis Mitte November. Logisch, dass man die Notbremse zog.
Man setzte mit Larry Mitchell den Sportchef an die Bande. Er startete vehement mit (endlich) drei Siegen in vier Spielen. Bald aber folgte auch unter ihm eine krasse Negativserien mit acht – zum Teil deutlichen – Niederlagen in Serie. Diese Phase war von aussen betrachtet weder dem Team noch Mitchell`s Ansehen und Respekt zuträglich. Doch plötzlich folgten wieder vier Siege in Serie. Ein Beweis dafür, dass intern nicht alles am Boden sein konnte. Ganz absurd war jedoch, was dann passierte: Mitchel wurde – offenbar nicht mit ihm abgesprochen – wieder zurück ins Büro beordert und dafür Stefan Mair an die Bande gestellt. Auch diese Massnahme war von wenig Erfolg gekrönt, denn aus zehn Spielen gab's erneut 8 Niederlagen. Wie froh musste man in Kloten wohl über die News aus Olten sein, dass die GCK Lions den letzten möglichen Aufstiegskandidaten aus der Swiss League frühzeitig ausschaltete, was gleichbedeutend mit dem gesicherten Ligaerhalt war.
Das Jahr eins zeigte deutlich, dass vor allem die sechs starken Imports Kloten konkurrenzfähig machten. Das war in der abgelaufenen Saison diametral anders. Dafür, dass man Ruotsalainen an Lugano verlor, konnte man nichts. Dass Ojamäki als sein Ersatz ein äusserst enttäuschendes Jahr hinlegte, war Pech und war kaum so vorhersehbar. Dass weder Ang, noch Metsola, noch Aaltonen auch nur einigermassen an ihre Vorjahresleistungen anknüpfen konnten, hat das Team nie verkraftet. Tyler Morley kam neu dazu und hat anfänglich auch Probleme in der NL den Unterschied zu machen und war erst zu einem Zeitpunkt ein Faktor, als die Felle längst davon geschwommen waren. Im Wissen darum, dass Kloten wirkliche «Differencemakers» braucht, erstaunte die sehr frühe Vertragsverlängerung mit ihm. Dass man mit Ekestahl Jonsson aus von aussen nicht nachvollziehbaren Gründen ziehen liess, schwächte das Kader weiter, zumal Reinbacher nie nur annährend sein überragendes Niveau des Vorjahres erreichte und der spät verpflichtete Beaulieu eine Nullnummer war. Da Kloten mit überdurchschnittlichen Schweizerspielern mit Ausnahme von Simic und Marchon nicht überbesetzt war, wirkten sich die biederen Importleistungen auf die Kompetivität des Teams fatal aus.
Was auch einwenig enttäuscht hat, ist die eher stagnierende Entwicklung der jungen Rohdiamanten wie Sidler, Lindemann, Reinbacher und Ramel. Einzig Derungs`Entwicklung mit guten zehn Toren gab ein etwas anderes Bild.
Die Personalsorgen hinter der Bande, im Bereich der Imports und die leichte Stagnation der Jungen waren schlicht zu offensichtlich, um nur einigermassen ans Vorjahr anknüpfen zu können. Nun steht Kloten vor einem wiederum schwierigen dritten NL-Jahr. Die Trainerentscheidung bekommt grosses Gewicht. Ist man mit Mair einig? Kann das schlechte Saisonende einfach so zur Seite gelegt werden bis September? Fakt ist, dass der Club auf dieser Position rasch zu Kontinuität und Konstanz finden muss. Dass Mitchell – wird er im Amt - drei (oder vier) Imports holen kann, ist an sich eine Chance. Nur müssen diese Entscheidungen sitzen, zumal mit Marchon ein Schweizer Leistungsträger den Club verlässt und mit Diem einer der eher besseren Spieler der vergangenen Saison zurücktritt. Mit den bereits getätigten Zuzügen Nolan Diem, Kejo Weibel, Reto Schäppi und Bernd Wolf kommt Einiges an NL Erfahrung dazu. Man darf gespannt sein, wie sich Kloten selber positioniert und aufstellt, um nach den Ferien guten Mutes zuversichtlicheren Zeiten entgegenblicken zu dürfen.
𝐒𝐚𝐢𝐬𝐨𝐧 𝐭𝐞𝐫𝐦𝐢𝐧𝐞́𝐞 𝐩𝐨𝐮𝐫 𝐥𝐞 𝐇𝐂 𝐀𝐣𝐨𝐢𝐞
La saison 2023/24 du HC Ajoie est officiellement terminée. Avec l’élimination du EHC Olten de la course au titre de Swiss League, le maintien du HCA est assuré et la série de play-outs contre Kloten annulée. pic.twitter.com/BcfDhrW4w4— Hockey-Club Ajoie (@HC_Ajoie_off) March 15, 2024
Ein nackter oberflächlicher Blick auf die Tabelle im Vergleich zum letzten Jahr löst erneut Ernüchterung aus, trotzdem spreche ich von einem Fortschritt. Wieso? Ajoie verlor satte 36 Spiele, aber 21 mal als One Goal Game (incl. sieben Spiele die erst mit einem Empty Netter eine Zwei-Tore Differenz ergaben). Verloren ist verloren – aber man war sehr sehr oft sehr nahe dran! Nimmt man noch die acht One Goal Game Siege dazu, spielte Ajoie 29 x absolut auf Augenhöhe mit seinen Gegnern! Kanonenfutter wie die Tabelle vermuten lassen könnte, buchstabiert sich also anders als es diese Feststellung darlegt. Oft dran sein ist ein grosser Schritt – dran sein und etwas kapitalisieren ist ein weiterer, womöglich noch grösserer Schritt. Es wird unabdingbar sein, dass sich das Team potentiell verstärken kann. Die grösste Chance, das zu bewerkstelligen, ergibt sich bei den Imports: Asselin – ein Sniper ohne grossen Einfluss auf die Teamperformance - steht als Abgang bereits fest, Devos hat die für seine Verhältnisse schlechteste Ajoie-Saison hinter sich. Trotz laufendem Vertrag frage ich mich, ob er den Platz als 7. Import bereits auf sicher hat. Gauthier und Gélinas können mit gutem Händchen besser ersetzt werden. Conz im Tor kehrt heim und mit Turkulainen kommt ein Mann mit vielen Vorschusslorbeeren. Zudem wird Ajoie einigen Jungen (Robin, Nussbaumer usw.) eine optimale Plattform bieten, um sich in der NL zu installieren.
Wohlwend und Vauclair arbeiten still, vernünftig und gezielt am nächsten Schritt nach vorne. Der Coach muss es schaffen, die Anzahl Gegentore mit einer cleveren Ausrichtung des Teams weiter zu verringern und gleichzeitig alles unternehmen, um im Abschluss effizienter zu werden. Vauclair muss ihm dazu die richtigen und nötigen Tools in die Werkzeugkiste legen. Bei allen kleinen Vorwärtsschritten, muss Ajoie das Image des «Ewigletzten» loswerden. Drei NL-Saisons auf dem letzten Platz, das heizt natürlich in Anbetracht der grossen Probleme im Unterbau der NL die Diskussion um die Daseinsberechtigung in der NL und generell der 14er-Liga an. Es ist nun an der Zeit nachhaltig vom Tabellenende weg zu kommen. Trotz dieser nun dreijährigen harten sportlichen Realität tut das aber den Launen des grossartigen jurassischen Publikums keinen Abbruch. In dieser Hinsicht sind die Jurassier mehr als ein Farbtupfer.