Luxemburgerli im ZSC und kleine Brötchen für Ajoie und Kloten

Während die ZSC Lions als Titelverteidiger mit einem starken Kader den süssen Gewinn des Kübels anstreben, backen Ajoie und Kloten kleinere Brötchen. Die Jurassier wollen nach drei Jahren als Tabellenletzter endlich einen Schritt nach vorne machen, während die Flieger letztes Jahr von der Realität eingeholt wurden. Also: Luxemburgerli hier und kleine Brötchen da! Der Reiz des Sports liegt in seiner Unberechenbarkeit.


 

ZSC

Der ZSC startet nach einer Traumsaison mit dem Gewinn der Regular Season und dem Gewinn des Meistertitels ins Jahr der Titelverteidigung. Die Zürcher konnten somit die haushohen, auch selber hervorgerufenen Erwartungen souverän erfüllen. Im Hinblick auf die neue Saison ist die Messlatte gesetzt mit der Ergänzung, dass man auch noch europäisch in der Champions Hockey League brillieren will. Wie präsentiert sich die Teamausgabe 24/25 für diese Herausforderung?

Einer der ganz grossen Leistungsträger steht mit Simon Hrubec weiterhin im Tor. Trotz 57 bestrittenen Partien kannte er letzte Saison kaum je eine Schwäche. Nun kommen jedoch mindestens sechs CHL-Spiele dazu, so dass man gespannt darauf sein darf, wie viele Einsätze seinem Backup Robin Zumbühl zugestanden werden. Der Kern der sehr starken Verteidigung bleibt fast unverändert. Phil Baltisberger und der 7.Ausländer Scott Harrington–beide mit eher kleinen Rollen im Meisterteam- werden ersetzt durch junge Eigengewächse wie Timo Bünzli(2005) und Jan Schwendeler(2003) und auch das Megatalent Daniil Ustinkov(2006) dürfte trotz einer etwas holprigen letzten Saison weitere Chancen erhalten. Zudem tätigten die Lions den Zuzug des finnischen, erst 25-jährigen Verteidigers Santtu Kinnunen. Er ist ein anderer Typ als es sein Vorgänger Harrington war: ein eher technisch läuferisch orientierter Rechtshänder typisch europäischer Prägung. Er steht auch nicht eher im letzten Drittel seiner Karriere, sondern eher am Ende des ersten Drittels und will seine Karriere in Zürich nach zwei Jahren in der Florida-Organisation ohne NHL-Einsätze neu lancieren.

Ein sehr ähnliches Bild der Konstanz und der Verjüngung zeigt die Besetzung im Sturm. Ausser dem zurückgetretenen Simon Bodenmann und dem zu Kloten abgewanderten Reto Schäppi kann Marc Crawford auf die gleiche Crew zählen. Sporadisch kamen Marlon Graf (2002) und Joel Henry (2003) bereits zu Schnuppertagen, nun aber sind sie als fester Bestandteil des Teams geplant. Die Substanz ist also auch hier gehalten und rein von der gesamten Kaderbesetzung her, gibt’s kaum was Edleres in der gesamten NL. Die Kadertiefe ist auch ausreichend geplant, um die zusätzlichen CHL-Spiele auf viele Schultern zu verteilen. Gespannt darf man in Zürich verfolgen, wie sich die jungen Bünzli, Schwedeler, Bechler, Henry und Graf präsentieren und entwickeln werden. Logische und sinnstiftende Konstanz wird auch neben dem Eis gelebt. 

Was liegt sportlich für die ZSC Lions mit diesen Voraussetzungen in der Saison 2024/2025 drin ?

Es ist alles angerichtet, um ein weiteres Erfolgskapitel zu schreiben. Anflüge von Genügsamkeit nach dem Titelgewinn dürfte der grösste Gegner für die Lions sein. Die erfahrene Trainercrew dürfte das aber handeln können. Eine zweite Herausforderung dürfte die Zusatzbelastung der CHL werden. Auch in dieser Hinsicht jedoch haben sowohl das Team als auch das Umfeld genug Erfahrung, um das erfolgreich zu meistern. Warum also nicht lange und erfolgreich doppelspurig spielen? 

Die Lions sind unbestritten erneut der grosse Meisterschaftsfavorit. Nicht dass es in der NL keine Gegner geben würde, die ihnen diesen Status streitig machen könnten, aber die gut geölte Maschine ist so breit aufgestellt und die Voraussetzungen sind so professionell und phantastisch, dass ein Gegner über sich wird hinauswachsen müssen, wenn er den ZSC am Schluss hinter sich lassen will. Wie weit kann es der ZSC europäisch bringen? Weit, sehr weit sogar. Voraussetzung dafür ist, dass clubintern die CHL entsprechend hoch gewichtet wird. Der Zürcher Hunger nach Titeln ist, war und wird immer gross sein. Die Aussichten auf die neue Saison sind also hoffentlich so süss und genüsslich wie die berühmten Sprüngli-Luxemburgerli!
 

Ajoie

Was unternimmt man, wenn man trotz anhaltendem, bewundernswertem Anhang zum dritten Mal in Folge nicht über den letzten Platz hinauskam? Man durchleuchtet das bestehende Kader, sondiert den Markt und bringt mit den vergleichsweise limitierten Mitteln bestmögliche Retuschen an. Genau das passierte im Jura.

Im Tor muss man den Abgang des Aufstiegshelden Tim Wolf zum EV Zug kompensieren. Man erinnert sich an einen einst Abgewanderten und ersetzt ihn mit dem sehr erfahrenen Benjamin Conz, der seine Karriere zusammen mit seinem Antipoden Damiano Ciaccio in der Heimat weiterführt. Obs sportlich ein Schritt vorwärts ist, wird sich zeigen. Zumindest an Erfahrung zwischen den Pfosten wird’s also nicht mangeln, zudem steht mit Noah Patenaude (2002) eine Zukunftshoffnung zur Verfügung. Damit die Ajoie-Torhüter nicht wieder die meistbeschäftigten Goalies der NL sein werden, muss das Spiel vor ihnen besser werden. Deshalb interessiert, was sich personell in der Verteidigung verändert hat: Eric Gélinas bekam keinen neuen Vertrag, Alain Birbaum ist zurückgetreten und Jesse Zgraggen zogs wieder in die Leventina. Mit Marco Maurer kommt viel Erfahrung und physische Präsenz ins Team, während man neu auf die beiden 2002er Arno Nussbaumer (ex Zug) und Tim Minder (ex Davos) setzt. TJ Brenan mit einem weiterlaufenden Vertrag, sowie Kevin Fey, Jannik Fischer, Valentin Pilet, Thomas Thiry, Bastien Pouilly und Joel Scheidegger werden zusammen mit den Zuzügen versuchen, die gegnerischen Abschlussmöglichkeiten zu verringern und somit dem Team eine gesteigerte defensive Basis zu geben.

In der Offensive wird ein praktisch neues Team auflaufen! Man verabschiedete die Ausländer Timashov, Audette, Asselin und Gauthier und ersetzte sich mit den vielbeachteten finnischen Zuzügen Jerry Turkulainen, Oula Palve und Julius Nättinen, welche in Finnland in den letztjährigen Scorerlisten beeindruckende Spuren hinterliessen. Die beiden «Denkmäler» Philip-Michael Devos und Jonathan Hazen werden mit ihnen für Firepower sorgen müssen. Ausserdem haben Gilian Kohler (la Chaux-de-Fonds), Steven Macquat (la Chaux-de-Fonds), Ueli Huber (Basel), Grégory Sciaroni (Rücktritt und neu Assistenztrainer) und Fabio Arnold (unbekanntes Ziel) das Team verlassen. Sie werden ersetzt mit einem zweiten Heimkehrer: Marco Pedretti. Mit Emils Veckkaktins (2004) aus der U20 von Lugano und mit Louis Robin (2003) vom EV Zug erhalten zwei junge Spieler eine Chance, während man Kyen Sopa nun fix übernommen hat. Denkbar, dass im Laufe der Saison noch der eine oder andere Spieler, der anderorts unzufrieden ist und sich nach Eiszeit sehnt, dazu stossen wird. Die Coaching Crew bleibt unverändert bestehen und mit dem Ex Spieler Sciaroni nach ersten Versuchen in der letztjährigen Schlussphase nun definitiv ergänzt. Zusammen mit GM Julien Vauclair wird dieser Staff alles unternehmen, um endlich vom letzten Platz wegzukommen.

Was liegt sportlich für Ajoie mit diesen Voraussetzungen in der Saison 2024/2025 drin ?

Man backt mit den Brötchen die man hat und sich leisten kann und ist gezwungen daraus das Beste zu machen. Unter diesem Gesichtspunkt betrachtet, waren die Personalwechsel doch zahlreich. Der wohl wichtigste Schritt: man gibt das Geld (vorläufig?) nicht mehr für sieben Ausländer aus, sondern fokussiert auf deren sechs. Es scheint eher eine Investition in die Qualität zu sein, denn die prominenten Finnen dürften eben auch ihren Preis haben. Das schürt die Hoffnung beim fanatischen Umfeld, weniger Spiele knapp zu verlieren und punkte- und damit ranglistenmässig Fortschritte erzielen zu können.

Das Prinzip Hoffnung lebt in der Ajoie. Am Wille, Dinge anders zu machen und damit Fortschritte zu erzielen wird es nicht fehlen. Ebenso wenig an der Leidenschaft auf und neben dem Eis, welche durch den intensiven Christian Wohlwend hochgehalten wird. Die Konkurrenz muss sich bewusst sein, dass man gegen Ajoie-gerade auch in Pruntrut-oft auch hartes Brot wird kauen müssen. Die gute Nachricht ist, dass es mit diesem umgebauten Kader nicht so viel braucht, um erkennbare Fortschritte gegenüber dem Vorjahr zu machen und eine grosse Motivation bedeutet, mit den kleineren Brötchen, die man hat, etwas zu erreichen. Die weniger gute Nachricht hingegen ist, dass die Konkurrenz wohl nicht schlechter geworden ist und das Erklimmen der Tabelle um einen oder zwei Plätze nach oben alleine schon deswegen herausfordernd sein wird. Alles, was besser wird als letztes Jahr darf deshalb als Erfolg gewertet werden. Wieviel und was wird es sein?

Kloten

Der Club befindet sich seit ein paar Jahren auf einer wahren Achterbahn. Nach massivsten Finanzwirren und echten Existenznöten, folgte der sportliche Abstieg, dann die Gesundung und Stabilisierung in der SL, dann-wenn auch nicht auf direktestem Weg-folgte der Wiederaufstieg als 14. NL-Team, eine erste NL-Saison die perfekt lief und die Welt in rosa erscheinen liess. Das einzig Konstante blieb aber auch da das Inkonstante: die sportlichen Baumeister Patrick Bärtschi als GM und Jeff Tomlinson als Headcoach schieden aus verschiedenen Gründen aus und es folgte mit der letzten Saison wieder ein Taucher… Wie will man den Club stabilisieren?
Es beginnt wohl neben dem Eis. Mit Riccardo Schödler als GM und Lauri Marjamäki als Headcoach und mit dem ehemaligen Spieler Benjamin Winkler im Trainerstaff soll nach Irrungen und Wirrungen in der Teamführung Ruhe und Konstanz einkehren. Ob sie in Ruhe werden arbeiten und etwas entwickeln können, hängt wohl damit zusammen welche Erwartungen man in Kloten hat. Dazu später aber mehr.

Im Kader gibt’s entsprechend auch sehr viele Veränderungen. Mit Metsola, Beaulieu, Ang, Marchon Kevin Lindemann, Bougro, Loosli, Obrist und Diem verliessen eine grosse Anzahl Offensivkräfte den Club. Die wohl wichtigste Personalie ist das Engagement von Nordamerika-Rückkehrer Ludovic Waeber im Tor. Er ersetzt den Finnen Metsola und wird mit Sandro Zurkirchen ein durchaus kompetitives Schweizer Torhüter-Duo bilden. Das ermöglicht Schödler, sechs Import-Feldspieler zu engagieren, was angesichts der Kaderqualität nicht unwesentlich erscheint. Mit Aaltonen, Ojamäki und Morley «erbt» der neue GM drei Ausländer. Aaltonen konnte letztes Jahr sein überragendes erstes Jahr nicht bestätigen, der mit enormen Vorschusslorbeeren nach Kloten kommende Ojamäki fand den Tritt nie. Tyler Morley wurde von der alten Führung sehr früh und übereilig verlängert, obwohl auch er besser sein muss, um Kloten wirklich spürbar zu helfen. Einen ersten  «Move» hat Schödler mit dem Zuzug von Daniel Audette (von Ajoie) realisiert. Er weiss wo das Tor ist, vorallem das gegnerische…er ist aber sicher ein Scorer und das braucht das Team. Wohl spielte es eine Rolle, dass Aaltonen, Ojamäki und er sich bereits gut kennen, denn die drei spielten in der Saison 21/22 in der KHL Vitjaz Podolsk erfolgreich zusammen.

Mit dem finnischen Spektakelspieler Sami Niku stösst für den überforderten Beaulieu ein Ausländer für die Verteidigung dazu, der für Spektakel (vor beiden Toren…) sorgen kann. Seine Stärken liegen in seinem Offensivdrang, seinen Puckhandling- und Playmakerqualitäten. Das kann Kloten unbedingt gebrauchen, aber ebenso braucht das Team defensive Stabilität und Zuverlässigkeit. Wohl genau deshalb aber hat es Niku nicht geschafft, sich in der NHL zu etablieren oder in der sehr erfolgreichen finnischen Nationalmannschaft einen Platz zu sichern. Er spielt auch darum, seiner Karriere neuen Schub zu verleihen. Mit dem Kanadier Thomas Grégoire kommt ein zweiter ausländischer Verteidiger nach Kloten. Statt eine Ausländerlizenz im Tor zu planen, setzt Kloten also auf die Verstärkung der Verteidigung mit einem zweiten Ausländer. Nach Junioren- und Minor League – Erfahrungen in der Heimat wechselte er in jungen Jahren bereits nach Finnland zu Lukko Rauma, wo er sich von Saison zu Saison punktemässig stetig zu steigern vermochte. Es folgte dann der Wechsel nach Rögle, wo er sich deutlich weniger in Szene setzen konnte und schlussendlich als Ersatzausländer Ende Saison 23/24 nach Fribourg wechselte. Mit Bernd Wolf aus Lugano kommt ein weiterer neuer, ligaerfahrener Mann, der etwas bewegen kann. 

Während man genau weiss, was man mit Steve Kellenberger und Nicolas Steiner hat, bestehen doch nach der letzten Saison gewisse Unsicherheiten bei Leando Profico, Rajan Statric und auch bei Dario Sidler. Sie alle haben im Vergleich zur Vorsaison und ihren grundsätzlichen Fähigkeiten Luft nach oben und die wird es brauchen! So dürfen sich das Talent Luca Deussen (2003),Leandro Hinder (2005) aber auch Matthew Kellenberger (1999) berechtigte Hoffnungen machen, sich in der NL zu etablieren. In der Offensive spekuliert man wie erwähnt auf das «Torerevival» der wiedervereinten Aaltonen, Ojamäki und Audette. Tyler Morley muss nun die Anlaufschwierigkeiten in der NL hinter sich haben. Das Team ist darauf angewiesen, dass auch er konstant auf hohem Niveau agieren wird. Die Neuzuzüge Reto Schäppi, Kejo Weibel und Nolan Diem haben andere Qualitäten als das Scoren. Auch von den bisherigen Stürmern brillierten ausser Simic, nur ansatzweise Dario Meyer und die Hoffnung Keanu Derungs mit Abschlussqualitäten. Pech hatte letztes Jahr Deniss Smirnovs, der für eine grosse Rolle geplant war aber verletzungshalber praktisch die Saison verpasste. Seine Rückkehr ist sicherlich ein Plus.

Unter diesen Voraussetzungen müsste es Junge geben, die auffallen werden: Luca Deussen (2003), Dario Sidler, Keanu Derungs (2002), Joel Marchon (2003), Raffael Meier (2005) und der immer wieder verletzt ausgefallene Mischa Ramel (2003) werden ihre Chance erhalten.

Was liegt sportlich für  Kloten mit diesen Voraussetzungen in der Saison 2024/2025 drin ?

Es ist viel neu und anders beim Traditionsclub. Nicht dass man über uneingeschränkte Mittel verfügt hätte, um das Team anders zu bauen. Kloten muss im Ligavergleich mit kleinen Brötchen backen und so Schritt für Schritt Verbesserungen erarbeiten. Das bedeutet auch, dass viel ungewiss ist. Man tut gut daran, keine Höhenflüge zu erwarten, sondern demütig, geduldig und konsequent an einer neuen DNA zu arbeiten, um künftig sportlich weniger hartes Brot essen zu müssen. Dazu braucht es Ruhe im Club und sportlich keine überrissenen Erwartungen.

Ganz nüchtern betrachtet, muss es für Kloten in erster Linie darum gehen, den beiden letzten Plätzen zu entfliehen. Das wäre der «Best Case». Wie bei allen Teams, aber in Kloten noch ausgeprägter, wird es darum gehen, Spiel für Spiel zu nehmen, stete Entwicklung und Fortschritte anzustreben. Das bedeutet Fokus auf den Prozess und nicht auf das Resultat. Gelingt es dem Team und der Führung das auch dem Umfeld so klar zu machen, dann kann etwas zu wachsen beginnen. Tritt nämlich der «Worst Case» ein, indem man in die Playouts gehen muss, wird man so eine Basis haben, um zu bestehen.