From zero to hero!

Wenn es eine meiner Thesen gibt, die bis jetzt in den NHL-Playoffs untermalt wurde, dann diese: «Top Goalieleistungen sind sehr bedeutend in den Playoffs, aber wir wissen nie, wann und von wem wir sie geliefert bekommen.»

Blenden wir zurück. Eine Expertenbefragung vor der Saison 22/23 hat ergeben, dass folgende Goalies als die besten in der NHL beurteilt werden: Andrei Vasiljevsky (Tampa Bay Lightning), Igor Shestjorkin (New York Rangers), Connor Helleybuck (Winnipeg Jets), Ilja Sorokin (New York Islanders), Juuse Saros (Nashville Predators) und bei einer Befragung kurz vor den Playoffs wäre in dieser Diskussion auch noch Jake Oettinger (Dallas Stars) gelandet.

Nun ja, alle diese Goalies haben mit ihren Teams mit Ausnahme von Jake Oettinger entweder die Playoffs verpasst oder sind in der ersten Runde ausgeschieden. Das Prädikat der schwächsten NHL-No.1-Goalies hätten sich noch vor wenigen Wochen vermutlich Petr Mrazek (Chicago Blackhawks), Jake Allen(Montreal Canadiens) und Sergej Bobrovsky (Florida Panthers) aufgeteilt.

Der Name Adin Hill, aktueller Goalie bei den Vegas Golden Knights, wäre in keiner Betrachtung je aufgetaucht, denn er ist – auf dem Papier – hinter Lehner, Thompson, Brossoit und Quick lediglich die Nr. 5 innerhalb der Vegas-Goaliepipeline.

Zurück zu Bobrovsky (Florida Panthers): Nach guten Leistungen im Dress der Columbus Blue Jackets haben ihn die Florida Panthers vor vier Jahren verpflichtet und ihn mit einem durchschnittlichen Jahressalär von 10,5 Mio Dollars vergoldet. Seit er in Florida spielt, hat er aber vor allem nur enttäuscht und galt schnell einmal als einer der meist überbezahlten Spieler in der NHL.

Auch in der laufenden Saison hat er in der Reguar Season meistens nicht überzeugt und es war eigentlich klar, dass er vom Jungstar Spencer Knight in Florida als Nr. 1 Goalie abgelöst werden wird. Spencer Knight hat sich aber während der Saison unter etwas mysteriösen Umständen verabschiedet, er scheint irgendein schwerwiegendes und längerfristiges Problem zu haben. Dies bedeutete, dass Bobrovsky wieder im Spotlight war; die Chance aber nicht packte und vom unbekannten, unerfahrenen Alex Lyon bedrängt wurde. Bei Playoffbeginn war nicht klar, ob Bobrovsky oder Lyon die Last als Playoffgoalie tragen soll. Bobrovsky hatte in den letzten acht Regular Season Spielen – in denen es hinsichtlich Playoffqualifikation um alles ging! – mit -9.3 Goals Saved Above Expected (=er kassierte neun Tore mehr, als zu erwarten gewesen wären) eine katastrophale Bilanz.

Szenenwechsel NHL Playoffs 2022/2023: Wenn zum Zeitpunkt des Niederschreibens dieser Kolumne ein Playoff MVP gewählt werden müsste, es wäre Sergei Bobrovsky und wenn bei den Vegas Golden Knights eine Handvoll Unterschiedspieler im bisherigen Playoff-Run genannt werden müsste, Adin Hill – der designierte Goalie Nr. 5! – wäre mit Sicherheit mit dabei.

Umgekehrt zeigt der unbestritten sehr gute Dallas Stars Goalie, Jake Oettinger, höchst schwankende Playoffleistungen; im Spiel 3 gegen die Vegas Golden Knights war seine Leistung sogar desaströs. Erklären kann all dies niemand, es ist aber Wasser auf die Mühle der These, dass «top Goalieleistungen in den Playoffs sehr bedeutend sind, aber wir wissen nie, von wem wir wann welche Leistungen bekommen».  

Soll all dieses NHL-Playoff-Geschehen noch jemand verstehen? Zum Glück nicht! Trotz duzender hochkarätiger Experten, trotz weit entwickelten Hockey-Analytics-Instrumenten, Vorhersagetools und entsprechend akademisch ausgebildeten Statistikern und Analytikern gibt es im Eishockey noch immer viel mehr Fragen als Antworten und ich hoffe ganz fest, dass dies auch so bleibt. 

  


 

Thomas Roost ist seit 1996 NHL-Scout für den Central Scouting Service und verfolgt die beste Liga der Welt hautnah.  Für MySports ist Roost als NHL-Experte & Co-Kommentator im Einsatz. In seiner wöchtenlichen Kolumne «Roosts Ramblings» schreibt er über Themen aus der NHL und der grossen Hockey-Welt.

https://www.thomasroost.com I Twitter: @thomasroost

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