Eine Momentaufnahme der NHL-Playoffs

Mit den Leistungen in der bisherigen Saison haben die New York Rangers unseren NHL-Experten Thomas Roost überrascht. In seiner neusten Kolumne zollt er daher den Rangers Tribut und gibt seine bisherigen Beobachtungen zu den NHL-Playoffs preis.

Die intensiven Playoff-Schlachten zeigen sich als Abnützungskämpfe auf höchstem Niveau. Die Intensität ist gewohnt hoch. Ungewöhnlich hoch ist der Skill-Level und dies zeigt sich vor allem in den Puck-Possession-Phasen und in den Powerplays. Trotz aggressivem und grossem Druck auf die Scheibenführenden, gelingt es den jetzt noch immer aktiven Playoffteams immer wieder, die Scheibe in der Offensivzone in den eigenen Reihen zu monopolisieren und letztlich einen Schuss aufs Tor abzufeuern. Der diesbezügliche Level ist die Ernte aus den Bemühungen in den Top-Nationen, den individuellen Skill-Level der Spieler noch einmal auf höchstem Niveau anheben zu können.

Die intensiven Playoff-Schlachten fordern aber auch immer mehr Verletzungsopfer und dies wird in den Endabrechnungen – wie fast immer - ein sehr wesentlicher Faktor sein. Die Core-Five der hoch talentierten Colorado Avalanche ist mit Devon Toews und Valeri Nichushkin derart ausgedünnt, dass sie den bärenstarken Dallas Stars kaum mehr was entgegenzusetzen haben. Ja, eigentlich – im Big Picture gesehen – fehlen der Avalanche drei der Top-Sechs Spieler, wenn man den langzeitverletzten Captain Gabriel Landskog noch hinzuzählt. Jetzt scheint aber eventuell bei den Dallas Stars der Nr.1-Center Roope Hintz auszufallen und der Avs-Defender Devon Toews könnte eventuell zum Spiel Fünf zurückkehren.

Hoch interessant ist auch das Duell zwischen den Vancouver Canucks und den Edmonton Oilers. Die Canucks haben in der Regular Season sämtliche Direktduelle gewonnen. Das Oilers-Powerplay läuft aber bisher wie geschmiert und führte zu einer spürbaren Dominanz, die aber durch erstaunliche Comebacks der Canucks relativiert werden konnte. Beim Stande von 2-2 ist die Serie noch immer völlig offen.

Im Osten erstaunen die New York Rangers. Ich erinnere mich an die Serie der Rangers im letzten Jahr gegen die Devils. Die Rangers gaben eine 3-0 Führung noch Preis. Dies war eine klassische Wachablösung von den alternden Rangers hin zu den jungen und hochtalentierten Devils. Die Rangers galten als Auslaufmodell. Hinzu kam die Head-Coach-Verpflichtung von Peter Laviolette im letzten Sommer; auch Laviolette wurde von vielen Experten als Auslaufmodell bezeichnet und seine Ernennung zum Headcoach vielerorts mit Kopfschütteln quittiert. Ich persönlich gehörte ebenfalls zu den Rangers- und auch zu den Laviolette-Skeptikern; ich hätte nicht falscher liegen können! Ein Jahr später bestaunen wir die New York Rangers, die drauf und dran sind, einen der absoluten Topfavoriten auf den Cup, die Carolina Hurricanes, zu eliminieren und dies nach einem eindrücklichen Sweep gegen die Washington Capitals in der ersten Runde.

Was zeichnet die Rangers in dieser Saison und in diesen Playoffs aus? Wieso sind die Rangers besser als in der letzten Saison? Dem Coachingstaff um Peter Laviolette ist es offensichtlich gelungen, die Rangers-Maschine richtig zu justieren: Sorgenkind Alexi Lafreniere ist in dieser Saison der Durchbruch gelungen und Ticketseller Artemi Panarin, the «Breadman», hat seine Schusskadenz erhöht und spielt eine so genannte Karrieresaison, gekrönt mit 49 Regular-Season-Toren! Die Defender spielen stabiler als in der letzten Saison und im Facoff-Circle wurde ebenfalls sehr erfolgreich gearbeitet. Diesbezüglich wurde eine Verbesserung von über drei Prozent auf mehr als 52 Prozent insgesamt erreicht. Insider aus dem inneren Zirkel der Rangers schwärmen vom Assistenzcoach Michael Peca – höchstwahrscheinlich ein künftiger NHL-Headcoach – und vom Associate Coach Phil Housley. Peca arbeite exzellent mit den Forwards und sei verantwortlich für die Verbesserung im Faceoff-Circle und Housley sei die Steigerung der Defenderleistungen zu verdanken. Nicht zu vergessen, die klar überdurchschnittlichen Goalieleistungen, vor allem von Igor Shestjorkin. Ok, Shestjorkin war bereits in der letzten Saison sehr, sehr gut. Alles in allem zeigen sich die Rangers zu meinem Erstaunen auf bereits hohem Niveau nochmals verbessert im Vergleich zur letzten Saison. Wachablösung? Weit gefehlt. Ich verneige mich!

Thomas Roost ist seit 1996 NHL-Scout für den Central Scouting Service und verfolgt die beste Liga der Welt hautnah.
Für MySports ist Roost als NHL-Experte & Co-Kommentator im Einsatz.
In seiner wöchtenlichen Kolumne «Roosts Ramblings» schreibt er über Themen aus der NHL und der grossen Hockey-Welt.

https://www.thomasroost.com I Twitter: @thomasroost

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