Die Schweiz hat erneut den Einzug ins Halbfinale der U20-WM verpasst. Obwohl die Chancen gut standen, enttäuschte das Team sowohl in der Vorrunde als auch im Viertelfinale. Was waren die Gründe für dieses enttäuschende Ergebnis?
Die Schweiz hat einmal mehr den Einzug ins Halbfinale an der U20-WM verpasst. Dies, obwohl die Chancen in diesem Jahr gut waren, weil wir in der schwächeren Gruppe eingeteilt wurden und darum ein zweiter Gruppenrang in einem gelungenen Szenario nicht unerreichbar schien. Leider wurde auch der dritte Gruppenrang nicht erreicht, so dass im Viertelfinale die übermächtige Truppe der USA auf uns wartete. Somit nur ein Sieg gegen Aussenseiter Kazachstan und sonst nur Niederlagen. Dies ist eine Enttäuschung und auch wenn es Generäle nach dem «Krieg» immer einfach haben, ist Kritik sicher trotzdem angezeigt, zumal ich für mich in Anspruch nehme, die Kritik sachlich zu halten.
Foto: Schweiz vs. USA
Fotocredits: IIHF
Enttäuschend ist, dass es uns in den letzten beiden Jahren auch in den Gruppenspielen nicht gelungen ist, einen «Grossen» zu bezwingen. Die Ueberraschungen waren anderen «Kleinen» vorbehalten. Im letzten Jahr gelang dies den Deutschen gegen Finnland, den Slowaken gegen Tschechien und in diesem Jahr Lettland gegen das grosse Kanada. Von den Finalspielen ganz zu schweigen, da gelang uns gefühlt seit einer Ewigkeit kein Sieg mehr. In diesem Jahr hegte ich gewisse Hoffnungen, weil der an und für sich gute Jahrgang 2006 die 2005er veredelte, aber einmal mehr überwiegt die Enttäuschung, resp. die Realität. Ok, regelmässige Siege gegen Schweden, Tschechien und die USA dürfen nicht erwartet werden, aber vielleicht hin und wieder der eine und andere Nasenstüber? Enttäuschend die Niederlage gegen die Slowakei. Diesen Vergleich sollten wir aufgrund der deutlich mehr lizenzierten Junioren in drei von vier Spielen zu unseren Gunsten entscheiden, aber auch gegen die Slowakei gab es eine Niederlage. Was sind denn die Gründe für das enttäuschende Abschneiden?
Bei den Goalies ist keiner wirklich heiss gelaufen, keiner über sich selbst hinausgewachsen. Die offensive Produktion war einmal mehr ungenügend. Ein einziges Tor gegen die Tschechen, ein einziges Tor gegen die Slowaken, ein einziges Tor gegen die Schweden (bis zum Zeitpunkt, als das Spiel zu Ungunsten der Schweizer entschieden war, dasselbe gegen die USA), dies ist schlicht und einfach zu wenig. Aus dem bequemen Lehnstuhl des Nachkriegsgenerals frage ich mich, ob das Juwel Neuenschwander wirklich optimal oder nur halbherzig eingesetzt wurde? Als Nachkriegsgeneral frage ich mich, ob der Verzicht auf Ustinkov – ein Defender der Offensive kreieren kann – richtig gewesen ist? Aber lassen wir das. Offensichtlich war einmal mehr, dass uns die Grossen betreffend Skills überlegen waren und selbst die Slowaken haben die besseren «besten Spieler» im Team. Wir hatten keinen Dvorsky (Slowakei), keinen Sandin-Pelikka (Schweden), keinen Hrabal (Tschechien) und keinen Leonard oder Hagens (USA). Irgendwie scheinen wir in den letzten Jahren immer mal wieder gute Spieler zu produzieren aber kaum je «Difference Makers»; Spieler, die den Unterschied ausmachen können, «Special Players». Dies ist ein offensichtliches Manko.
Foto: Schweiz vs. USA
Fotocredits: IIHF
Ok, das grosse Kanada hat in diesem Turnier noch viel mehr enttäuscht. Die Kritik am Head Coach war und ist heftig. Dies war die schlechteste kanadische U20-Nati die ich in meinen vielen Jahren Erfahrung gesehen habe. Es war ein unorganisierter Haufen, der mit verzweifelten Einzelaktionen versuchte, das Unheil abzuwenden. Einzelaktionen von teilweise sehr mittelmässigen Spielern; gleichzeitig wurden Top-Spieler nicht nominiert. Die sehr eigenwillige Selektion und Linienzusammenstellung der Verantwortlichen wird meiner Meinung nach jetzt sehr zu Recht massiv in Frage gestellt. Zudem hatten die Kanadier das Pech, im Spiel gegen Lettland früh ihren besten Verteidiger, Matthew Schaefer, aufgrund eines Schlüsselbeinbruchs, verloren zu haben. Trotzdem: Drei Niederlagen gegen die USA, Tschechien und Lettland… common…
Foto: Schweiz vs. Tschechien
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Einmal mehr wird ein mehr oder weniger No-Name Spieler zelebriert und stellt so ziemlich alles in den Schatten was Rang und Namen hat: Der ungedraftete lettische Goalie Linards Feldbergs ist der grosse Held dieser WM, er zeigte vor allem gegen Kanada und Schweden unglaubliche Leistungen und wird vermutlich beim NHL-Draft 2025 als «Overager» doch noch zum Handkuss kommen. Stand vor den Halbfinals: Die andere grosse Figur an dieser WM ist – und dies ist alles andere als unerwartet – der schwedische Offensivverteidiger Axel Sandin-Pelikka: Smart, skilled, attraktiv, eine Augenweide, ihm zuzuschauen. Die Detroit Red Wings freuts!
Thomas Roost ist seit 1996 NHL-Scout für den Central Scouting Service und verfolgt die beste Liga der Welt hautnah. |