Unser U20-Team hat die Erwartungen erfüllt

Nach dem knappen Ausscheiden an der WM in Schweden zieht Thomas Roost Bilanz. Wie zufrieden er mit der Leistung der Schweizer U20 ist und wie er diese einschätzt, liest du in seinem neuesten Blog.

Nach dem dramatischen Out im ¼-Finale gegen Schweden ist es an der Zeit, Bilanz zu ziehen. Trocken zusammengefasst können wir feststellen, dass die Schweiz die realistischen Erwartungen insgesamt erfüllt hat. Der einzige Sieg als Favorit gegen Norwegen, kein Sieg als Aussenseiter gegen die Slowakei, Tschechien, USA und Schweden. Mehr oder weniger: «Same procedure as every year». Leider schafften und schaffen wir es ganz einfach nicht, die in diesen Jahren durch das Fehlen der Russen deutlich verbesserte Ausgangslage zu nutzen, um wenigstens hin und wieder eine Überraschung nach oben – sprich Halbfinale - zu schaffen. Immerhin wird das Abstiegsgespenst ebenso regelmässig ziemlich souverän in den Senkel gestellt. Die Überraschungen schafften einmal mehr die anderen: Die Deutschen gegen die Finnen, die Letten gegen die Deutschen, die Tschechen gegen die Kanadier und in dieser Höhe – 6-2 – auch die Slowaken gegen die Tschechen. 

Jetzt aber zur Kurzanalyse:

Erwartungsgesmäss schafften es unsere Jungs nicht, in der Offensive gegen die Topnationen genügend Feuerkraft zu entwickeln, um eine Überraschung schaffen zu können. Erfreulich war aber, dass die Schweizer die glücklichen Fügungen im Spiel gegen Schweden (drei Stangenschüsse der Schweden nach dem 2-0, plus aufgrund von Zeitüberschreitung knapp annulliertes Tor) zu ihren Gunsten zu nutzen wussten und mit viel Leidenschaft und Kampfgeist die Wende und beinahe die Überraschung schafften. Leider wieder einmal nur beinahe, aber immerhin. Insgesamt war der Unterschied betreffend durchschnittliche individuelle Klasse im Vergleich zu den Top6-Nationen, und in diesem Jahr auch teilweise im Vergleich zu den Slowaken, deutlich erkennbar. Ebenso erkennbar war, dass es unsere Juniorenauswahlen immer mal wieder schaffen, auch grosse Nationen mit ihrer leidenschaftlichen und aufopferungsvollen Spielweise immerhin echt zu nerven. Dies der Versuch einer sachlich, trockenen Kurzanalyse. 

Ist das Glas nun halbvoll oder halbleer? Beide Sichtweisen haben ihre Berechtigung.
 

Das halbvolle Glas:

Eine gute, tapfere, kämpferische, mutige Leistung gegen Schweden, auch wenn die individuelle Unterlegenheit insgesamt sehr gut erkennbar war, wie übrigens auch im Kehrausspiel gegen die Tschechen. Eine sehr gute Reaktion auf das verpasste Startdrittel gegen Norwegen. Eine insgesamt gute, aber etwas unglückliche Leistung gegen die Slowakei und last but not least: Wir blieben ca. 6 Stunden länger im Turnier als Kanada… 😉

Das halbleere Glas:

Einmal mehr lauter Niederlagen – fünf, inkl. Vorbereitung - gegen die «grossen Sechs». Die Niederlage gegen die Slowakei, obwohl unser Team ausgeruht war und die Slowaken nur 24 Stunden vor dem Spiel in einem packenden Fight im Derby gegen die Tschechen Kräfte lassen mussten. Eine ziemlich peinliche Niederlage mit einem Steinzeitresultat gegen die USA.

Zu einigen Spielern die mir aufgefallen sind:

Meine Erwartungen übertroffen haben die beiden Verteidiger Louis Füllemann und Timo Bünzli. Jonas Taibel war ein würdiger Captain und Rodwin Dionicios Potenzial war offensichtlich. Falls er sich dazu entschliesst, sich regelmässig topfit zu halten und sein Skating zu verbessern, dann kann er mindestens in unserer Liga ein sehr dominanter Offensiv-Verteidiger werden. Mir gefallen seine Moves und seine Dekes, wie auch sein physisches Potenzial. Seine Schüsse sind auch nicht von schlechten Eltern und insgesamt imponiert mir sein positiv frecher «Approach». Betreffend Skill-Level sind mir einmal mehr Gregory Weber und Jamiro Reber - sein Assist gegen Schweden war Weltklasse! – aufgefallen. Leider sind beide betreffend «Battle-Level» physisch etwas benachteiligt. Unsere beiden Verteidiger-Draftees für 2024, Leon Muggli und Daniil Ustinkov haben ihre Nomination gerechtfertigt, konnten aber noch nicht so viele Akzente setzen; dies ist jedoch in diesem Turnier historisch gesehen völlig normal. Kaum je ein «Double-Underager» kann an einer U20-WM dominieren; der Kanadier Macklin Celebrini bestätigte als Ausnahme diese «Regel».