Wie konnten die Florida Panthers den Stanley Cup holen?

Die Florida Panthers haben mit ihrem unerwarteten Sieg im Stanley Cup die Eishockeywelt überrascht. Als Aussenseiter in die Saison gestartet, entwickelten sie sich durch kontinuierliche Verbesserungen und strategische Stärke zu einem führenden Team in der NHL. Thomas Roost blickt zurück auf die spannende Saison des bemerkenswerten Teams.


 

Bei den Saisonvorschauen waren die Florida Panthers kaum bei jemandem zuoberst auf der Rechnung und dies, obwohl sie im letzten Jahr den Final erreicht haben. Auch ich habe die Edmonton Oilers für den Stanley Cup Sieg favorisiert. Nun ja… die Edmonton Oilers haben gehalten, was sie versprochen haben. Nach einem extrem harzigen Saisonstart haben sie die Liga aufgemischt und sich als Titelfavorit bestätigt. Den Titel haben sie nur um Haaresbreite verpasst. 

Die Oilers haben das Spiel 7 im Stanley Cup Finale geschafft und in einem ausgeglichenen Spiel knapp verloren. Eine Würdigung der Edmonton Oilers wäre aus diesem Grund ebenso gerechtfertigt wie die nachfolgende Huldigung der Florida Panthers. Allerdings sind die Erfolgsgründe der Oilers offensichtlicher, angefangen bei den zwei NHL-Überfliegern Connor McDavid und Leon Draisaitl. Jetzt aber zu den Florida Panthers, the Winner takes it all!

Die Florida Panthers – Ein starkes Team

In früheren Kolumnen habe ich bereits auf zwei Erfolgskomponenten hingewiesen: Das extrem aggressive, intensive und effiziente Forechecking und die häufig überirdischen Goalieleistungen von Sergei Bobrovski. In den letztjährigen Playoffs war Matthew Tkachuk die ganz grosse Figur und er galt bei den GMs als «Blue-Print» für künftige Spielerverpflichtungen via Trade und Draft. In dieser Saison konnte er diesen Status in der Regular Season und in den Playoffs nicht ganz bestätigen. Tkachuk hat auch in diesen Playoffs sehr gut «performt», er war aber nicht mehr ganz so dominant wie ein Jahr zuvor. 

Bleiben wir bei den Spielern: Der polyvalent einsetzbare Forward Carter Verhaeghe spielte die Saison seines Lebens und konnte diesen Level auch in den Playoffs halten, ja, sogar noch ein wenig steigern. Gustav Forsling entwickelte sich in den letzten Jahren zu einem der top Zweiwegdefender der NHL, so dass sich die Panthers Defense als eine der allerbesten im Spiel 5vs5 erweisen konnte. Forsling ergänzte Aaron Ekblad und Brandon Montour hervorragend und liess in dieser Saison den Abgang von Radko Gudas vergessen. 

Der Überflieger Sasha Barkov

Die ganz grosse Nummer im Ensemble der Florida Panthers ist aber der finnische Center, Sasha Barkov. Von ihm würde man sehr viel mehr lesen und hören, wäre er bei einem «Big-Market»-Team unter Vertrag. Bei den Florida Panthers fliegen seine grossartigen Leistungen immer etwas unter dem Radar. Sasha Barkov ist der beste Zweiwegcenter der Welt, er ist eine offensiv noch potentere Version des legendären Patrice Bergeron. 

Barkov wird ständig gegen die besten gegnerischen Spieler aufs Eis geschickt und seine Kombination aus Physis, Skills und Spielintelligenz wird kaum anderswo erreicht. Vor allem im Bereich «Grit» und dem Gegner unter die Haut gehen, hat er jüngst noch einmal einen grossen Schritt gemacht. Lange galt er ein wenig als «Gentle Giant», jetzt zeigt er auch seine Zähne und fährt auch mal die Ellbogen aus, ohne ein unfairer Spieler geworden zu sein. Sasha Barkov wäre für mich der logische Conn Smythe Trophy Gewinner gewesen, hätte da nicht Connor McDavid mit unfassbaren 42 Playoffpunkten einen neuen Massstab gesetzt.

Was hat Coach Paul Maurice beigetragen?

Auch Headcoach Paul Maurice und sein Coachingstaff gilt es zu erwähnen. Paul Maurice hat es als Spieler nicht in eine Profiliga geschafft, er wurde aber immerhin als letzter Spieler überhaupt von den Philadelphia Flyers im NHL-Draft 1985 berücksichtigt. Der NHL-Record von Paul Maurice als Headcoach war bis jetzt überschaubar, er wurde auch schon dreimal entlassen. 

Paul Maurice ist kein Egozentriker, stellt zu Recht immer die Spieler und das Team in den Vordergrund und wertet seine Rolle immer bescheiden und demütig. Seine Ansprachen sind kurz, aber prägnant. Die Spieler respektieren ihn als Fachmann, aber noch mehr als Mensch. Ich habe vor vielen Jahren Paul Maurice auch schon mal als Coach in der Schweiz vorgeschlagen, trotz seinen eher überschaubaren Erfolgen meinte ich zu spüren, dass er ein überdurchschnittlicher Coach ist. 

Das Gespür von General Manager Bill Zito

Der wahre Baumeister des Erfolgs der Florida Panthers ist aber der General Manager (GM), Bill Zito, er amtet seit September 2020 in dieser Funktion bei den Panthers. Was er bei Verpflichtungen und Trades aus dem Hut gezaubert hat, ist schlicht und einfach sensationell! Er hat richtigerweise Sasha Barkov und Aaron Ekblad als diejenigen Spieler identifiziert, um die er das Team aufbauen wollte. In aus heutiger Panthers-Sicht extrem guten Trades hat er Matthew Tkachuk, Sam Reinhart und Sam Bennett nach Sunrise gelotst.

Ein weiteres Meisterstück war wohl die Verpflichtung von Gustav Forsling «off Waivers!» von den Carolina Hurricanes, d.h. Forsling wurde für keinen Gegenwert verpflichtet, weil er bei den Hurricanes auf einer Art «Abschussliste» gestanden hat. Die Carolina Hurricanes und andere NHL-GMs werden sich wohl noch heute die Haare raufen, dass sie sich nicht um Forsling bemüht haben. Brandon Montour von den Buffalo Sabres für einen Drittrundenpick? Noch Fragen? 

Das Tüpfelchen auf dem «i» waren dann bei der Tradedeadline die Verpflichtungen für die hinteren Reihen des Skorers Vladimir Tarasenko und des Leadertypen Kyle Okposo. Ich darf wirklich sagen, die allermeisten Transaktionen von Bill Zito bei den Florida Panthers haben sich als Meisterstücke erwiesen und ich habe jetzt noch nicht einmal alle aufgezählt. Bill Zito und seine Berater in der Teppichetage: Ich verneige mich und gratuliere den Florida Panthers auch an dieser Stelle herzlich zum Gewinn des Stanley Cups

Thomas Roost ist seit 1996 NHL-Scout für den Central Scouting Service und verfolgt die beste Liga der Welt hautnah.
Für MySports ist Roost als NHL-Experte & Co-Kommentator im Einsatz.
In seiner wöchtenlichen Kolumne «Roosts Ramblings» schreibt er über Themen aus der NHL und der grossen Hockey-Welt.

https://www.thomasroost.com I Twitter: @thomasroost

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